Grenzerfahrung

Buenos Aires, Av. 9 de Julio, breiteste Straße der Welt mit 2 x 11 Spuren. 6 Ampeln mit Zebrastreifen führen auf die andere Seite

Inzwischen sind wir in Buenos Aires, Argentinien und haben einige Grenzübergänge hinter uns. Von vielen Ländern wird das Ausfüllen von Einreisedokumenten gefordert, teilweise mit extra Ausreiseteil, den man bei der Ausreise abzugeben hat. Den darf man nicht verlieren, sonst kann dieser nur an bestimmen wenigen Orten erneut ausgestellt werden. Wenigstens waren diese Dokumente bis jetzt immer auf Spanisch und Englisch. Beim Wohnort tragen wir unsere ehemalige Adresse ein und unsere Passnummern kann ich mittlerweile auswendig.

Unsere Pässe sind unsere liebgewonnen Panini-Sammelalben, wir sammeln die Stempel wie WM-Sticker. Aber was ist das? Mexiko stempelt so schön zweifarbig in grün und rot, aber der Grenzbeamte scheint erschöpft oder die Tinte, nur bei genauer Betrachtung ist der Stempel zu erkennen und ein Mexiko zu lesen. Das ist wie ein schief eingeklebter Manuel Neuer mit Falte!

Teilweise werden Ein- bzw. Ausreisegebühren fällig. Auch in Belize haben wir extra den entsprechenden Betrag eingeplant, aber plötzlich  stehen wir am Gate, sind also schon ausgereist, abgestempelt und durch die Kontrollen und keiner hat die Gebühr eingefordert. Was machen wir nun mit den ganzen Belize-Dollar? Ein Tauschmöglichkeit war nur im vorderen Teil des Flughafen.  Inkognito darf ich aber kurz zum Wechseln wieder ins Land, der Kontrolleur am Sicherheitscheck, der Grenzbeamte und die Dame zum Checken der Ausreisepapiere lassen mich wieder rein nach Belize und fünf Minuten später an den Schlangen vorbei einfach wieder raus, ohne meinen Pass oder irgendwas zu kontrollieren. Manche in der Warteschlange sehen mich etwas erstaunt an. Vielleicht hätte ich eine königliche Handbewegung zum Gruße machen sollen?

In Panama gestaltet sich die Ausreise am Flughafen nach Argentinien nicht so einfach. Naja, eigentlich war es mal wieder Zeit, dass ich nicht durch die Sicherheitskontrolle komme. In Deutschland kann ich unbehelligt alles transportieren, woanders muss ich mal was Abgeben oder eine elektrische Zahnbürste erklären und in Dubai musste ich einmal eine Nagelschere abgeben und ein anderes Mal, das hatte ich leider übersehen, leere Munition für ein AK-47. Das kam im Handgepäck nicht bei allen so gut an, aber ich habe die Beamten damit sehr unterhalten und den Laden ein bisschen in Schwung gebracht.

Aber jetzt wieder zu Panama. Wir reisen aktuell noch mit einer kleinen grünen Tasche, die wir als Gepäck aufgeben, da dort unsere Flüssigkeiten drin sind, also Duschgel, Repellent und viel Sonnenmilch. Die brauche ich in großen  Mengen, baue mir gerne eine weiße Line auf den Armen und versorge den ganzen Körper damit. Yeah, so ertrage ich die Sonne tiefenentspannt.
Beim Einchecken bei Copa Airlines, einer große Fluggesellschaft in Lateinamerika und Star Alliance Mitglied, checken wir die Tasche ein und deklarieren wie gewohnt unsere Rucksäcke als Handgepäck.  Bei  der Frage nach Flüssigkeiten hier bereits bei der Gepäckabgabe holen wir artig unsere 1L-Ziplolcks mit max. 100ml-Gefäßen hervor. Die sollen wir bitte mit aufgeben. Ich erkämpfe mir noch Augen- und Nasentropfen für die 7,5 Stunden Flug.

Du-du-du. Ich bin vier Jahre alt und habe nach dem Zähneputzen noch mit einem Bonbon in der Hand erwischt. Du-du-du macht der Zeigefinger vor meiner Nase, bewegt sich wie ein monotoner Scheibenwischer hin und her und zack ist mein Bonbon weg. Ich weine nicht wirklich, denn es ist 2017 und ich bin 28 Jahre alt (die Zahl ändert sich nicht in der Darstellung, aber das Zahlsystem, dieses Jahr ist es hexadezimal).  Die strenge Dame von der Sicherheitskontrolle hält mir auch kein Bonbon vor die Nase und wedelt ein energisches Du-du-du, sondern meine vermeintliche Killer-Pinzette. Danach wiederholt sich die Böses-Kind-Show mit meinen drei kleinen potentiellen Explosions-Sicherheitsnadeln.

Flughafen Placencia, Belize. Unser Pilot richtet sein Haar vor dem Abflug . Der aufmerksame Betrachter erkennt direkt hinter der kurzen Startbahn das Meer. Ist die Schwimmweste unter dem Sitz?

 

Die Grenze nach Belize haben wir dreimal mit dem Bus überquert, einmal von Mexiko sowie hin und zurück nach Guatemala. Belize verlangt eine Ausreisegebühr und bei der Wiedereinreise aus Guatemala mussten wir unsere Einreisedokumente um unsere Telefonnummer und Hoteladresse in Belize ergänzen, da wurden keine Lücken geduldet. Insgesamt waren die Grenzbeamten zu mir immer auffällig freundlicher als zu Sören und haben auch mal einen kleinen Plausch mit mir gehalten. In der Schlange wartend sehen wir, dass alle Gepäckstücke kontrolliert werden.

In Mexiko am Flughafen wurde per Zufalls-Buzzer entschieden, wer kontrolliert wird, auch die Piloten durften  mitspielen. Ob ihr wirklich richtig steht, seht ihr, wenn das Licht angeht…

Seit Beginn unserer Reise haben wir eine 1L-Flasche Mezcal inklusive Wurm mit dabei, da diese als Präsent in unserem Start-Hotel auf dem Zimmer stand und wir sie bis jetzt nicht gebraucht haben, aber sie auch nicht stehen lassen wollten. Die Einfuhr von Alkohol und Lebensmitteln ist strengstens verboten  nach Belize, wir vergewissern uns vorsichtshalber noch mal bei der Begleitdame des Busses, die auch unsere Dokumente schon ergänzt hatte. Damit wir nicht neben der Abgabe anderweitig empfindlich bestraft werden, deklariert Sören die Flasche, als er an der Reihe ist. „Fruits?“ fragt der Zöllner zurück. „No, only the bottle with alcohol.“ „Just go.“ Soso, aber eine Banane wäre ein „Gehe direkt in das Gefängnis, gehe nicht über Los, ziehe keine 4000 Mark ein.“-Karte gewesen. Den Mezcal probieren wir wenig später in Placencia mit dem Briten Tristan und seiner spanischen Freundin, die in Mexiko-City als Lehrer tätig sind und verschenken den Rest an den Mann der dortigen Hausdame Reina, mit der wir viel gekocht haben. Meine Grenzerfahrungen sind schon ausreichend, da muss ich nicht auch noch eine Schmuggler-Karriere starten.

Tikal

Tikal – Der Weg ist das Ziel

Extra für diese große alte Maya-Stadt haben wir uns nach Guatemala begeben. Und damit wir das auch in voller Pracht genießen können, haben wir die spezielle Sonnenaufgangstour ausgesucht. Das heißt es ist noch nicht heiß, man ist vor der offiziellen Öffnungszeit in diesem Weltkulturerbe, es sind nur sehr wenige Personen unterwegs, der Regenwald erwacht mit dem Gebrüll von Affen und man sitzt zum Sonnenaufgang schon oben auf einer Stufenpyramide.

Dafür ist die Nacht kurz, sehr kurz, denn um 3 Uhr sitzt man bereits im Bus nach Tikal. So die Theorie. Als wir um 3:15 Uhr immer noch vor dem Hotel in Flores stehen und der Nieselregen beginnt, machen wir uns sorgen, dass wir vergessen wurden. *Ping* – kleine Glühbirne über dem Kopf geht an: Auf den Teilnahmeschein geschaut, Telefonnummer entdeckt und mit Telefon aus Deutschland mit mexikanischer SIM-Karte nicht direkt lösbar, aber vor dem Hotel noch im WiFi-Bereich, also die internationale Vorwahl von Guatemala im Internet gesucht (+502, falls ihr die gerade braucht) und per Skype beim Anbieter anrufen. Also nachts um 3:15 Uhr.

„Es klingelt.“ sagt Sören.
„Ring ring ring“.
Den klassischen Klingelton höre auch ich gut – denn das Reisebüro ist direkt gegenüber in der kleinen Gasse – in der Stille der Nacht.

Es passiert was, dann wird die Leitung unterbrochen. War es eine Person oder ein Anrufbeantworter? Gleich nochmal. „Ring ring ring“ hallt es durch die Gasse.

Der Mann am anderen Ende der Leitung spricht nur Spanisch, ist von meinen Deutsch-, Englisch- und Französisch-Kenntnissen wenig beeindruckt. Vielleicht sollte ich mein bisschen Japanisch hervorholen?

Moment mal, ehrlich, wenn mich jemand Montagmorgens um 3:15 Uhr telefonisch weckt, meine Sprache nicht spricht und mich mit miesem Akzent in irgendwelchen Sprachen nach fehlenden Bussen fragt, dann würde ich nicht so gelassen bleiben wie dieser Señor.

Sören ist mittlerweile auf die andere Straßenseite gewechselt und nach dem Telefonat geht die Tür einen Spalt auf und Sören bekommt Informationen von dem Angerufenen. Sören entschuldigt sich danach höflich und wir sind einem echten Reiseanfängerfehler aufgesessen.
Der gestrige Wechsel von Mexiko nach Belize und von dort nach Guatemala mit Bussen war anstrengend mit Wartezeiten an Grenzen, Gebühren in mehreren Währungen und Ein- sowie Ausreiseformularen. Wir haben so schlicht nicht mitbekommen, dass Guatemala eine Stunde hinter der Yucatan-Halbinsel in Mexiko ist.

Wir sind also eine Stunde zu früh. Es ist erst 2:15 Uhr! Pünktlich um 3:00 Uhr sitzen wir dann im Bus nach Tikal.


Tikal – Sind wir nicht alle ein bisschen Sheldon?

Ich mag diese Serie nicht, die anscheinend in Dauerschleife im Fernsehen läuft, die mit den Physikern in einer WG. Sören, wie heißt die? Ah ja, ich wäre denen zu ähnlich, deswegen kann ich das nach Sörens Meinung nicht witzig finden.
Nun hat bei mir die Panik-Else die Kontrolle übernommen, denn es ist Ende der Regenzeit in Guatemala, die Mücken zahlreich und vielfältig die möglichen Krankheiten: Zika, Dengue-Fieber, Chikungunya-Fieber und Malaria sind hier nun hoch im Kurs. Und wir wollen nachts durch den Regenwald laufen? Also 1A-Tropenkleidung anziehen: lange Hose, langärmlige Bluse bzw. Hemd und feste Schuhe. (Wieso werden die nur in den Farben Khaki und Schlamm angeboten?) und natürlich dick passendes Repellent aufsprühen. Aber bitte kein Autan family, dass läutet bei den tropischen Mücken erst die Happy hour ein. Es soll was Aggressives mit 50% DEET sein. Es brennt auf der Haut, man kann kein Essen anfassen, nach einigen Tagen zeigen sich die ersten Pusteln und man riecht wie abgelaufener Nagellackentferner. Ach ja, Nagellack wird davon schön klebrig zersetzt.

So stehen wir nun da in unserer kleinen Reisegruppe. Fast alle haben kurze Hosen an. Eine junge Frau steht in Tank-Top, Sandalen und Hotpants da. Ich fühle mich Sheldon.

 

Tikal – Im Dunkeln ist gut munkeln

Wer nachts durch den Guatemaltekischen Regenwald irrt, der findet auch dort neue Freunde. Eine Tarantel läuft über meinen Arm über den nackten Hals auf meinen Kopf. Ich schreie den ganzen Dschungel zusammen und mache den Brüllaffen ernsthafte Konkurrenz.