Zwischen den Jahren mit der Queen

Morgen verlassen wir Placencia in Belize und fliegen nach Panama. Eigentlich wollten wir nur drei Tage hier bleiben, aber zuerst fuhr die einmal wöchentliche Fähre nicht nach Honduras, weil der Zoll  in Honduras an diesem Grenzübergang schon weihnachtlich anders verplant ist. Somit sind wir länger geblieben, denn wir wollten ein bisschen baden und tauchen am größten Riff der nördlichen Hemisphäre.
Als nächstes haben wir einen Flug nach Lima, Peru gebucht.  Um 8:01 Uhr bekam ich beim Frühstück eine E-Mail von Flighttix, dass unsere Buchung storniert wurde. Nein, wie nett und informativ – 119 Minuten vor Abflug! Wir waren  quasi schon fast  im  Flieger. Sollte ich mich noch  zu einer online Bewertung hinreißen lassen?
Anschließend hat mich eine Erkältung in der Hitze gequält. Sören war schwimmen und schwimmen und schwimmen und ich lag im Bett. Er hat es bis hinter das schicke Resort geschafft, wo den Gästen beim Dinieren auf dem Steg gerade die silbernen Hauben vom Essen gehoben wurden. Was man so alles Privates beim Bahnenziehen erleben kann.

Wenn  es nun nach Plan läuft, dann schreibe ich euch das nächste Mal aus Panama-City. Da wird auch teilweise Englisch gesprochen. Wir sind von Belize da sehr verwöhnt, denn Englisch ist hier die Amtssprache. In diesem Jahr wird hier die 35-jährige Unabhängigkeit von Großbritannien gefeiert. Dennoch ist die Queen allgegenwärtig. Auf jedem Belize-Dollar (2:1 direkt an den US-Dollar gekoppelt) lächelt einen vornehm zurückhaltend eine junge Queen Elizabeth an.  Aber wer etwas macht, der darf sich auch darauf verewigen. Das Geld aus Belize wird in England produziert.

Einige wohlhabende Amerikaner haben hier auf der schmalen Halbinsel von Placencia Haus oder Mansion gebaut und kurven durch den kleinen Ort mit Golfcars, da man so auch schön durch die Resorts fahren kann, wie mir von einer jungen Fahrerin berichtet wurde, als ich sie fragte, wie teuer eine Tagesmiete für ein Golfcar sei. Diese Frage konnte sie mir nicht beantworten und trotzdem war ich nach unserem Gespräch besser informiert.

Hier sind die bunten Holzhäuser viel auf Stelzen gebaut, da es hier wirklich schmal ist: Lagune, Häuser, Häuser, Straße, Häuser, der Fußweg, Häuser, Strand, karibisches Meer. Wirklich schön ist, das es keine privaten Stände gibt am Wasser kann jeder überall lang, denn – ihr ahnt es schon, hier kommt wieder die Queen ins Spiel. Die ersten 60 Feet vom Strand gehören ihr und können von jedem genutzt werden.

It belongs to the Queen.

Sagenhaft was dieser Dame alles gehören muss. Überall auf der Welt trifft man auf solche Überraschungen, wie Wälder in Kanada, in denen jeder frei campen kann. Die Queen zeigt sich also großzügig mit ihren Besitztümern, aber bei ihren Schwänen in London wäre ich vorsichtig, die lasst mal lieber in Ruhe.

Großbritannien und Nordirland, der Commonwealth, … Bei dieser globalen Verbreitung wird die Queen bestimmt zwischen den Jahren die Ergebnisse einer Inventur erhalten, damit sie weiß, was aktuell ist alles ihr gehört oder repräsentiert wird. Früher passierte das bestimmt mit einem Vorleser, der eine Endlosrolle verlas und weiterrollte. Heute ist im Buckingham Palace das wohl auch moderner. Eine filmmäßige Multimediashow, die versucht über viele Stunden zu unterhalten  … Ländereien…. Gebäude … 60 Feet der Strände von …  Briefmarkensammlung für 67 Mio.£  … Irgendwann wird auch die niemals aus dem Rahmen fallende Queen in diesem häuslichen Umfeld ermüden, wenn die Scones gegessen sind und die restlichen Gurkensandwiches antrocknen, sie tiefer in den majestätischen Sessel gesunken ist und einer ihrer geliebten Corgis als Fußbank herhalten muss.

Wo ist der Pastor?

Wir wünschen euch allen eine Frohe Weihnacht. Hier in Belize sind die Häuser auch teilweise weihnachtlich dekoriert, bekannte Weihnachtssong haben ein Reggae-Fresh-up erhalten und ebenso sind hier Feiertage.
Das letzte Mal war ich Ostern in der Kirche. In Togo war die katholische Kirche überfüllt, die Menge drängte sich noch zudem an den Seiteneingängen und sang und tanzte wie bei einer super Party. Jetzt in Belize ist es ein evangelischer Gottesdienst zudem uns unsere Hausdame Reina mit Familie mitgenommen hat. Statt auf Französisch und Bassari ist es nun auf Spanisch. Und kommt es nur mir Spanisch vor, dass Gemeindemitglieder durch den gesamten Gottesdienst führen? Wo ist der Pastor?

Wie jetzt, der hat Urlaub? Ja, Weihnachten ist in vielen Ländern Holiday-Time, aber Feuerwehr, Polizei und andere arbeiten dann trotzdem für das Gemeinwohl. Und haben christliche Geistliche nicht doch an den wichtigsten Tagen wie Ostern und Weihnachten eine Art Urlaubsverbot? Ich meine, dass ist ihre Art von Hochsaison. Vielleicht hat der Pastor hier einfach genug von Sonne, Sand und saftiger Ananas. Der ist jetzt bestimmt ab nach Ischgl und düst dort genüsslich die Skipisten runter. Sammelt neue Ideen für Predigen. Vielleicht sogar eine Dienstreise, im Namen des Herren. Halleluja.

Wir bekommen aber eine wunderbare Betreuung während dieses musikalischen Gottesdienstes mit viel Gesang, Keyboard und Schlagzeug. Wieso haben die alle ihr Etui mit? Also diese klassischen eckigen Dinger aus der Grundschule mit bunten Reißverschlüssen. Aber es werden doch keine fein nebeneinander eingesteckte Buntstifte und ein Pelikan-Füller entblößt ( nein, auch kein Geha-Füller), sondern Bibeln. Wir bekommen ein englisches Exemplar ausgehändigt und erhalten teilweise Übersetzungen mitgeteilt. Wir dürfen auch vor die Gemeinde treten und unseren Beitrag leisten, indem wir uns bedanken und ein Vater-Unser aufsagen. Vielleicht hätten wir es mit Schlagzeug und gesungen peppiger gestalten können.

Trotz unseres trockenen Gebets hat uns Reina zum Weihnachtsessen mit Hühnchen eingeladen und wir haben ihr gezeigt, wie man deutschen Apfelkuchen backt. Hier kommen die Gala-Äpfel aus Mexiko.

Tikal

Tikal – Der Weg ist das Ziel

Extra für diese große alte Maya-Stadt haben wir uns nach Guatemala begeben. Und damit wir das auch in voller Pracht genießen können, haben wir die spezielle Sonnenaufgangstour ausgesucht. Das heißt es ist noch nicht heiß, man ist vor der offiziellen Öffnungszeit in diesem Weltkulturerbe, es sind nur sehr wenige Personen unterwegs, der Regenwald erwacht mit dem Gebrüll von Affen und man sitzt zum Sonnenaufgang schon oben auf einer Stufenpyramide.

Dafür ist die Nacht kurz, sehr kurz, denn um 3 Uhr sitzt man bereits im Bus nach Tikal. So die Theorie. Als wir um 3:15 Uhr immer noch vor dem Hotel in Flores stehen und der Nieselregen beginnt, machen wir uns sorgen, dass wir vergessen wurden. *Ping* – kleine Glühbirne über dem Kopf geht an: Auf den Teilnahmeschein geschaut, Telefonnummer entdeckt und mit Telefon aus Deutschland mit mexikanischer SIM-Karte nicht direkt lösbar, aber vor dem Hotel noch im WiFi-Bereich, also die internationale Vorwahl von Guatemala im Internet gesucht (+502, falls ihr die gerade braucht) und per Skype beim Anbieter anrufen. Also nachts um 3:15 Uhr.

„Es klingelt.“ sagt Sören.
„Ring ring ring“.
Den klassischen Klingelton höre auch ich gut – denn das Reisebüro ist direkt gegenüber in der kleinen Gasse – in der Stille der Nacht.

Es passiert was, dann wird die Leitung unterbrochen. War es eine Person oder ein Anrufbeantworter? Gleich nochmal. „Ring ring ring“ hallt es durch die Gasse.

Der Mann am anderen Ende der Leitung spricht nur Spanisch, ist von meinen Deutsch-, Englisch- und Französisch-Kenntnissen wenig beeindruckt. Vielleicht sollte ich mein bisschen Japanisch hervorholen?

Moment mal, ehrlich, wenn mich jemand Montagmorgens um 3:15 Uhr telefonisch weckt, meine Sprache nicht spricht und mich mit miesem Akzent in irgendwelchen Sprachen nach fehlenden Bussen fragt, dann würde ich nicht so gelassen bleiben wie dieser Señor.

Sören ist mittlerweile auf die andere Straßenseite gewechselt und nach dem Telefonat geht die Tür einen Spalt auf und Sören bekommt Informationen von dem Angerufenen. Sören entschuldigt sich danach höflich und wir sind einem echten Reiseanfängerfehler aufgesessen.
Der gestrige Wechsel von Mexiko nach Belize und von dort nach Guatemala mit Bussen war anstrengend mit Wartezeiten an Grenzen, Gebühren in mehreren Währungen und Ein- sowie Ausreiseformularen. Wir haben so schlicht nicht mitbekommen, dass Guatemala eine Stunde hinter der Yucatan-Halbinsel in Mexiko ist.

Wir sind also eine Stunde zu früh. Es ist erst 2:15 Uhr! Pünktlich um 3:00 Uhr sitzen wir dann im Bus nach Tikal.


Tikal – Sind wir nicht alle ein bisschen Sheldon?

Ich mag diese Serie nicht, die anscheinend in Dauerschleife im Fernsehen läuft, die mit den Physikern in einer WG. Sören, wie heißt die? Ah ja, ich wäre denen zu ähnlich, deswegen kann ich das nach Sörens Meinung nicht witzig finden.
Nun hat bei mir die Panik-Else die Kontrolle übernommen, denn es ist Ende der Regenzeit in Guatemala, die Mücken zahlreich und vielfältig die möglichen Krankheiten: Zika, Dengue-Fieber, Chikungunya-Fieber und Malaria sind hier nun hoch im Kurs. Und wir wollen nachts durch den Regenwald laufen? Also 1A-Tropenkleidung anziehen: lange Hose, langärmlige Bluse bzw. Hemd und feste Schuhe. (Wieso werden die nur in den Farben Khaki und Schlamm angeboten?) und natürlich dick passendes Repellent aufsprühen. Aber bitte kein Autan family, dass läutet bei den tropischen Mücken erst die Happy hour ein. Es soll was Aggressives mit 50% DEET sein. Es brennt auf der Haut, man kann kein Essen anfassen, nach einigen Tagen zeigen sich die ersten Pusteln und man riecht wie abgelaufener Nagellackentferner. Ach ja, Nagellack wird davon schön klebrig zersetzt.

So stehen wir nun da in unserer kleinen Reisegruppe. Fast alle haben kurze Hosen an. Eine junge Frau steht in Tank-Top, Sandalen und Hotpants da. Ich fühle mich Sheldon.

 

Tikal – Im Dunkeln ist gut munkeln

Wer nachts durch den Guatemaltekischen Regenwald irrt, der findet auch dort neue Freunde. Eine Tarantel läuft über meinen Arm über den nackten Hals auf meinen Kopf. Ich schreie den ganzen Dschungel zusammen und mache den Brüllaffen ernsthafte Konkurrenz.

Start der Weltreise

Wahrscheinlich enttäuschen wir einige Erwartungen gemäß unseres Starts. Wir befinden uns nicht in 2500m Höhe in einem kleinen Peruanischen Ort, um uns für einen Aufstieg nach Machu Picchu zu akklimatisieren und stricken derweil wärmende Pullis aus Lama-Wolle. Das ist auch für später nicht vorgesehen. Wir haben uns tatsächlich für einen schnöden Pauschal-Start an der Playa del Carmen in Mexiko entschieden. Einfach ankommen, klimatisieren und begreifen,  dass es nun losgeht. Die Arbeit setzt für 13 Monate aus, der tägliche Ablauf ist nicht mehr da, alles ist verändert. Es gibt keine Wohnung mehr und auch kein Bett – wir sind obdachlos.

Dank der großen Hilfe von Familie und Freunden sind die meisten unserer Sachen bei ihnen eingelagert oder werden fleißig wie die KitchenAid  in der Zeit als Leihgabe genutzt. Die Wohnung wurde mit Helfern immer weiter leer geräumt und vor der Übergabe gestrichen. Wir wurden umsorgt, bekocht und betüdelt. Sogar Feiertage wie Silvester wurden mit uns bei Raclette und Feuerwerk schon vorgefeiert. Wir danken euch sehr für die Unterstützung.
Wenn ihr jetzt die heimelige Wärme zu Hause genießt, dann denkt daran, dass es meine Comic-Sammlung ist, die da für euch brennt und Fernwärme erzeugt. Erwin aus Essen hat sich leider zu spät  über Ebay Kleinanzeigen gemeldet, dass er sie gerne hätte. Aber wenn es mit Sören nicht mehr klappt, weil er z. B. Lamas in den Anden züchten möchte, dann kann ich mit Erwin in Essen eine neue Comicsammlung aufbauen. Er ist noch Single, wie er mit schrieb.

Latin-Feeling

Stopp, nicht die enge Bluse in den Altkleidersack stopfen!

Ein, nein besser gleich zwei Größen, die uns zu klein erscheinen,  wirken hier gerade recht. Wir haben uns in einem großen Telcel-Shop eine mexikanische SIM-Karte besorgt. Der Laden erinnerte mehr an eine Bank als an die Telekom, mit extra Schaltern zum Bezahlen. Die Damen hatten ausnahmslos Blusen an, die bei uns als viel zu eng bezeichnet werden würden. Aber, und das ist das Tolle, jede Brust wirkt dadurch prall und aufregend. Wann fliegt einem der erste Knopf entgegen? Oder sind die Knöpfe extra verstärkt? Also die Damen, vielleicht holt ihr die engen Blusen wieder hervor und schafft ein bisschen Latin-Feeling auf Arbeit, im Wartezimmer oder sonst wo.

Viva la Mexico!

Irgendwann galt für Legehennen der Platzbedarf von einem DIN-A4-Blatt. 12 Stunden Flug reichen für so ein Gefühl aus. Die Legehenne neben mir, aka Adam, kommt aus Mönchengladbach. Zur Entspannung können wir leider keine Eier legen. Adam legt auch sonst keine Eier, sondern zerlegt BMWs und verkauft die Einzelteile.
Ich dachte zur Entspannung alternativ zum Eierlegen an Tequila – in Deutschland verweigert sich mein Umfeld diesem leckeren Agavensaft – in Mexiko erwarte ich ein Überangebot, die Qual der Wahl und viele Fans.

Und bam – nix Tequila – ich trink‘ Kamillentee. Mensch, dafür find ich nun wirklich nirgends auf der Welt einen Fanclub.

Sören genießt schon das Meer und lernt überzeugte Trump-Wähler kennen, die die Mauer mitbezahlen wollen und hier sind um Bier zu trinken und den Frauen am Strand auf die Brüste zu starren. Soweit – so ehrlich, aber irgendwie fühle ich darin einen Widerspruch.

Ha, da setzt der Kamillentee-Rausch schon ein.