Essgewohnheiten

Wie in Panama sind Fruit Loops auch in Argentinien sehr beliebt, gerne ebenfalls in heißer Milch dem schnellen Tod des Zerfließens überlassen.
WAS IST DAS? Sörens Schälchen lässt aus der Ferne eine bunte Kuppel erkennen. Will er konvertieren, ein wahrer Fruit Loops-Jünger werden? Wird er demnächst mit einem bunten Pendant des Wachturms in Innenstädten stehen? Das Cover wie eine Mischung aus Munchs Schrei und Dalis Zerrinnende Zeit? Uahh, der Gedanke daran zerrt mich in eine Welt, die der rechten Höllen-Seite von Boschs Triptychons entspricht. Aber als Sören zum Tisch kommt, entwinde ich mich dem Vogelmenschen auf seinem Stuhl, der mich verschlingen wollte, bin zurück und erkenne, dass es keine Fruit Loops sind, sondern einfach Äffchensalat.

An dieser Stelle hat mir mein mitreisender Lektor dringend empfohlen, dass ich bitte Äffchensalat zu erklären habe, da dies nicht so geläufig sei und die wenigsten ein Deutsch-Anika/Anika-Deutsch zur Hand hätten. Also gern.

Fußnote: Äff|chen|sa|lat der: -[e]s, -e: gemischter frischer Obstsalat, zumeist in kleine appetitliche Würfelchen geschnitten. Wird häufig verschiedenen Tierarten in Zoos als Nahrung dargeboten, wie z. B. Totenkopfäffchen.

Argentinien bietet eine opulente Auswahl an Speisen: saftige Steaks, verführerische Empanadas (gefüllte Teigtaschen, die zumeist aus einem umgeschlagenem Kreis geformt werden und mit vielen verschiedenen  Füllungen daherkommen), leckerste Eiscreme, unendlich viele süße Teilchen und natürlich Dulche de Leche. Dulche de Leche ist die perfekte Symbiose aus rahmiger Milch und Zucker. Diese Karamell-Creme wird in vielen Sorten feilgeboten und füllt Regale in Supermärkten. Apropos Supermarkt, bereits die kleinen haben in Buenos Aires eine Wand oder gar Abteilung mit Wein, also etwa ein Viertel des Marktes.  Mit Alkohol wird hier nicht gegeizt, das Bier wird in 1L-Flaschen angeboten  und serviert, dazu erhält man eisgekühlte Gläser.

Buenos Aires gibt sich schick, mit Grünanlagen, Denkmälern und alten architektonischen Schönheiten. Weltberühmte Theater mit  angeblich mehr Sälen als New York oder gar Paris. Diese Grandezza weiß zu überzeugen. Doch auch in Buenos Aires, inkl. Umland sind hier über 12 Mio. Menschen sessil, existieren an den Stadtränder Slums, wo bei Regen die schlammigen Wege nicht mehr passierbar sind. In den Parks wohnen Familien in kleinen Verschlägen. Wer nicht zu den Ärmsten zählt, bekommt oft Fleisch auf den Tisch, der Uruguayer sogar täglich. Auch Panama scheint dem nicht abgeneigt, wie die Werbung einer bekannten Burger-Braterei verrät. Weg mit dem grünen Chichi, eine klare einfache Struktur mit vier Patties ist angesagt. Das ebenfalls groß plakativ beworbene Pendant der Konkurrenz heißt El Doble Big Mac.

Grenzerfahrung

Buenos Aires, Av. 9 de Julio, breiteste Straße der Welt mit 2 x 11 Spuren. 6 Ampeln mit Zebrastreifen führen auf die andere Seite

Inzwischen sind wir in Buenos Aires, Argentinien und haben einige Grenzübergänge hinter uns. Von vielen Ländern wird das Ausfüllen von Einreisedokumenten gefordert, teilweise mit extra Ausreiseteil, den man bei der Ausreise abzugeben hat. Den darf man nicht verlieren, sonst kann dieser nur an bestimmen wenigen Orten erneut ausgestellt werden. Wenigstens waren diese Dokumente bis jetzt immer auf Spanisch und Englisch. Beim Wohnort tragen wir unsere ehemalige Adresse ein und unsere Passnummern kann ich mittlerweile auswendig.

Unsere Pässe sind unsere liebgewonnen Panini-Sammelalben, wir sammeln die Stempel wie WM-Sticker. Aber was ist das? Mexiko stempelt so schön zweifarbig in grün und rot, aber der Grenzbeamte scheint erschöpft oder die Tinte, nur bei genauer Betrachtung ist der Stempel zu erkennen und ein Mexiko zu lesen. Das ist wie ein schief eingeklebter Manuel Neuer mit Falte!

Teilweise werden Ein- bzw. Ausreisegebühren fällig. Auch in Belize haben wir extra den entsprechenden Betrag eingeplant, aber plötzlich  stehen wir am Gate, sind also schon ausgereist, abgestempelt und durch die Kontrollen und keiner hat die Gebühr eingefordert. Was machen wir nun mit den ganzen Belize-Dollar? Ein Tauschmöglichkeit war nur im vorderen Teil des Flughafen.  Inkognito darf ich aber kurz zum Wechseln wieder ins Land, der Kontrolleur am Sicherheitscheck, der Grenzbeamte und die Dame zum Checken der Ausreisepapiere lassen mich wieder rein nach Belize und fünf Minuten später an den Schlangen vorbei einfach wieder raus, ohne meinen Pass oder irgendwas zu kontrollieren. Manche in der Warteschlange sehen mich etwas erstaunt an. Vielleicht hätte ich eine königliche Handbewegung zum Gruße machen sollen?

In Panama gestaltet sich die Ausreise am Flughafen nach Argentinien nicht so einfach. Naja, eigentlich war es mal wieder Zeit, dass ich nicht durch die Sicherheitskontrolle komme. In Deutschland kann ich unbehelligt alles transportieren, woanders muss ich mal was Abgeben oder eine elektrische Zahnbürste erklären und in Dubai musste ich einmal eine Nagelschere abgeben und ein anderes Mal, das hatte ich leider übersehen, leere Munition für ein AK-47. Das kam im Handgepäck nicht bei allen so gut an, aber ich habe die Beamten damit sehr unterhalten und den Laden ein bisschen in Schwung gebracht.

Aber jetzt wieder zu Panama. Wir reisen aktuell noch mit einer kleinen grünen Tasche, die wir als Gepäck aufgeben, da dort unsere Flüssigkeiten drin sind, also Duschgel, Repellent und viel Sonnenmilch. Die brauche ich in großen  Mengen, baue mir gerne eine weiße Line auf den Armen und versorge den ganzen Körper damit. Yeah, so ertrage ich die Sonne tiefenentspannt.
Beim Einchecken bei Copa Airlines, einer große Fluggesellschaft in Lateinamerika und Star Alliance Mitglied, checken wir die Tasche ein und deklarieren wie gewohnt unsere Rucksäcke als Handgepäck.  Bei  der Frage nach Flüssigkeiten hier bereits bei der Gepäckabgabe holen wir artig unsere 1L-Ziplolcks mit max. 100ml-Gefäßen hervor. Die sollen wir bitte mit aufgeben. Ich erkämpfe mir noch Augen- und Nasentropfen für die 7,5 Stunden Flug.

Du-du-du. Ich bin vier Jahre alt und habe nach dem Zähneputzen noch mit einem Bonbon in der Hand erwischt. Du-du-du macht der Zeigefinger vor meiner Nase, bewegt sich wie ein monotoner Scheibenwischer hin und her und zack ist mein Bonbon weg. Ich weine nicht wirklich, denn es ist 2017 und ich bin 28 Jahre alt (die Zahl ändert sich nicht in der Darstellung, aber das Zahlsystem, dieses Jahr ist es hexadezimal).  Die strenge Dame von der Sicherheitskontrolle hält mir auch kein Bonbon vor die Nase und wedelt ein energisches Du-du-du, sondern meine vermeintliche Killer-Pinzette. Danach wiederholt sich die Böses-Kind-Show mit meinen drei kleinen potentiellen Explosions-Sicherheitsnadeln.

Flughafen Placencia, Belize. Unser Pilot richtet sein Haar vor dem Abflug . Der aufmerksame Betrachter erkennt direkt hinter der kurzen Startbahn das Meer. Ist die Schwimmweste unter dem Sitz?

 

Die Grenze nach Belize haben wir dreimal mit dem Bus überquert, einmal von Mexiko sowie hin und zurück nach Guatemala. Belize verlangt eine Ausreisegebühr und bei der Wiedereinreise aus Guatemala mussten wir unsere Einreisedokumente um unsere Telefonnummer und Hoteladresse in Belize ergänzen, da wurden keine Lücken geduldet. Insgesamt waren die Grenzbeamten zu mir immer auffällig freundlicher als zu Sören und haben auch mal einen kleinen Plausch mit mir gehalten. In der Schlange wartend sehen wir, dass alle Gepäckstücke kontrolliert werden.

In Mexiko am Flughafen wurde per Zufalls-Buzzer entschieden, wer kontrolliert wird, auch die Piloten durften  mitspielen. Ob ihr wirklich richtig steht, seht ihr, wenn das Licht angeht…

Seit Beginn unserer Reise haben wir eine 1L-Flasche Mezcal inklusive Wurm mit dabei, da diese als Präsent in unserem Start-Hotel auf dem Zimmer stand und wir sie bis jetzt nicht gebraucht haben, aber sie auch nicht stehen lassen wollten. Die Einfuhr von Alkohol und Lebensmitteln ist strengstens verboten  nach Belize, wir vergewissern uns vorsichtshalber noch mal bei der Begleitdame des Busses, die auch unsere Dokumente schon ergänzt hatte. Damit wir nicht neben der Abgabe anderweitig empfindlich bestraft werden, deklariert Sören die Flasche, als er an der Reihe ist. „Fruits?“ fragt der Zöllner zurück. „No, only the bottle with alcohol.“ „Just go.“ Soso, aber eine Banane wäre ein „Gehe direkt in das Gefängnis, gehe nicht über Los, ziehe keine 4000 Mark ein.“-Karte gewesen. Den Mezcal probieren wir wenig später in Placencia mit dem Briten Tristan und seiner spanischen Freundin, die in Mexiko-City als Lehrer tätig sind und verschenken den Rest an den Mann der dortigen Hausdame Reina, mit der wir viel gekocht haben. Meine Grenzerfahrungen sind schon ausreichend, da muss ich nicht auch noch eine Schmuggler-Karriere starten.

Oh, wie schön ist Panama

Eine Tigerente haben wir noch nicht in Panama City gesehen, aber der Tukan ist in Panama weit verbreitet. Zu Werbezwecken prangt er groß auf den Packungen von Fruit Loops, vielleicht sind die deswegen hier so beliebt. Erinnert ihr euch an die bunten Frühstückskringel von Kellogg’s, die bei uns in der Heimat eher in den Supermarktregalen stehen, statt in den Küchenregalen? Ich denke es sind die Zeugungsprodukte von M&M’s und Cornflakes, wenn sich die bunten Schokolinsen für ein Stell-Dich-Ein in die großen dunklen Packungen schleichen…

Silvester haben wir in Panama-City ähnlich verbracht wie in Norddeutschland. Mit netten Leuten, diesmal eine kolumbianische Familie , an den Deich bzw. an die Promenade gehen, gesäumt mit Palmen und Skyline, und mit vielen Menschen ein Feuerwerk bestaunen. Hier sind zudem die Himmelslaternen beliebt, die als kleine leuchtende Punkte langsam über dem Pazifik mit den vor dem Kanal wartenden Containerschiffen entschwinden.

Der Panama-Kanal ist sehr beeindruckend und wurde erst 1999 von den Amerikanern an Panama übergeben und das US-Militär komplett abgezogen. Der US-Dollar ist hier aber Zahlungsmittel, es sind nur panamaische Münzen zusätzlich im Umlauf. Unsere heute geplante Zugfahrt von Panama City am Pazifik entlang des Kanals nach Colon am Atlantik haben wir aber leider nicht antreten können, da Sören gerade krank ist. Wie schon in Togo bekam er nachts heftiges Fieber, das wir mit Fiebersenkern und Wadenwickeln auf 38°C bekommen haben.

Glitzernde Wolkenkrater, Banken und Casinos bestimmen die Innenstadt mit großen Malls, wo Hermes und Gucci locken und die Slums an den Stadträndern vergessen lassen.

Panama City hat eine nette Altstadt, die auch die UNESCO würdigt, mit schönen Piratengeschichten um Käpt’n Morgan, der 1671 hier mit 1800 Mann erfolgreich eingefallen ist. Heute fallen hier ab mittags Kreuzfahrer ein, die die Schiffe wie geharnischte Moloche ausgespien haben.