Wer das Abenteuer sucht

Gemäß des Weltrisikoberichts ist mal wieder auf Platz eins der gefährlichsten Länder der Welt Vanuatu zu verzeichnen. Dieser seit 1980 von Frankreich und England unabhängige Staat aus 83 Inseln im östlichen Pazifik liegt auf dem Ring of fire und ist bei der Gefährdung durch Naturkatstrophen ganz vorne. Zyklon Pam hat 2015 fast 90% der Infrastruktur zerstört, Erdbeben sind häufig und der aktivste Vulkan der Welt, und das bereits seit mindestens 800 Jahren durchgängig, befindet sich hier. Und eben wegen des Vulkans Mount Yasur sind wir auf die Idee gekommen Vanuatu zu besuchen.

Wer mal Abenteuer erleben möchte und auch ohne TÜV, HACCP und gekennzeichnete Plastiktüten, dass man darunter ersticken kann, klar kommt – Ja, ich bin jedes Mal wieder überrascht und denke mir „Puh, gut das da so ein Piktogramm drauf ist. Ich vergess‘ das immer.“ und ziehe mir die Tüte dankbar erleichtert wieder von den Ohren aufwärts. – also wer solche Risiken selbst abschätzen möchte, quasi selber denken möchte, der sollte hier mal vorbeischauen.

Zugegebener Weise ist es ein bisschen weiter weg, auch in der jetzt vorherrschenden Trockenzeit ist das Malariarisiko nicht ausgeschlossen und Bislama oder eine der anderen 110 Sprachen spricht auch nicht jeder (gab aber auch wirklich keine davon an meiner Volkshochschule). Für Currywurst, deutsche Gespräche und durchzechte Nächte fährt der Deutsche ja eben nach Mallorze. Aber hier, am Arsch der Welt, genauer gesagt noch eine Hautfalte weiter, ist jeder Tag ein Abenteuer und man darf in eine faszinierende Kultur eintauchen und wird mit offen Armen willkommen geheißen.

Also nachdem geklärt ist, das die Urgewalten der Natur hier die größten Feinde sind und eben nicht die melanesischen Vanuatuer, Feinstaub oder Stress, können wir einen genaueren Blick auf dieses archaisch anmutende Paradies werfen. Von den knapp 300.000 Einwohnern leben etwa 20.000 auf der Insel Tanna, auf der auch der Vulkan Mount Yasur thront. Die meisten Strände sind schwarze Lava-Strände oder der Übergang in den Ozean findet direkt über eine Riffkante statt. Die Straße ist ein kleines Stück rechts vom Flughafen asphaltiert, links ist Schotterpiste, wie sonst auf Tanna, neben Sand- oder Lavapisten. Entsprechend sind die meisten Fahrzeuge allradangetrieben und beschnorchelt. Aber nach einem Regen sind wir selbst damit im hügeligen Terrain hängengeblieben und das letzte Stück zum größten Banyan-Baum der Welt zu Fuß gestapft und geschliddert. Durch seine ganzen Wurzeln, Äste und Stämme ist er ein eigener kleiner verschlungener Märchen-Wald.

Gemäß des Happy Planet Index 2006 nach einer britischen Studie der New Eonomics Foundation, die Daten zu Lebenserwartung, Zufriedenheit und ökologischem Fußabdruck erfasst hat, leben die glücklichsten Menschen in Vanuatu. Unsere Erfahrungen bestätigen dies, ein besonderer Flair ist zu spüren, die Menschen vermitteln uns ein ausgeglichenes und sehr zufriedenes Bild. Familie und Traditionen sind wichtiger als materieller Besitz. Ehrlich lächelnde Gesichter und Gekicher sind überall auszumachen, auch im Vorbeigehen. Gerne erzählen die Vanuatuer uns etwas über ihr Land, oft werden wir mit Handschlag begrüßt und dabei die Vornamen ausgetauscht, ob beim Mini-Bus, Taxi oder auch mit den Stewardessen auf den Inlandsflügen nach Tanna und zurück.

Die Ursprünglichkeit von Tanna nimmt uns gefangen, wir können Yakel besuchen, einen der letzten Orte, wo die Menschen ganz traditionell leben. Alles kommt direkt von der Natur: Nahrung, Kleidung und Unterkunft. Sie leben seit vielen Generationen im Einklang mit der Natur, auch dem aktiven Vulkan. Seine Aktivität wird heutzutage von Stufe 1 – 5 angegeben, bei 1 und 2 dürfen Besucher mit erfahrenen Begleitern hinauf, bei 4 wird evakuiert und bei 5 schwimmt wahrscheinlich schon das Zuhause gemächlich auf einem Lavastrom dahin. Wir besteigen den Mt. Yasur bei Stufe 2 und guter Sicht. Oben werden die Bedingungen von den Begleitern beobachtet und dann entschieden in welche Richtung man sich direkt auf dem Kraterrand mit 300m Durchmesser bewegen darf. Die Erde grummelt und grollt, es donnert und der Rauch ändert die Farbe. Schwefel liegt in der Luft. Wichtig, ganz wichtig ist, dass man mit dem Wind steht. Ansonsten steht man im giftigen Rauch und die Erfahrungen werden definitiv zu heiß. Die Lava spritzt weit nach oben und wie in Zeitlupe kommt sie runter. In der Luft zerfließt das flüssige Erdinnere in kleinere Stücke, die Viskosität nimmt zu, die Formen erstarren, aber das anhaltende Glühen verrät die hohen Temperaturen. Zischend und prasselnd landet die rotglühende Lava auf der anderen Seite. Bumpf – ein großer Brocken ist wieder eingeschlagen.

Für eure Reise-Vorbereitung hier schon mal ein paar erste Worte Bislama. Ein Pidgin-Englisch das zu Zeiten des Blackbirdings entstanden ist. Wie viele brisante Themen wird Blackbirding geleugnet oder schöngeredet, vielleicht sogar mittels alternativer Fakten, aber realistisch betrachtet ist es eine Form von Sklaverei gewesen, wo von verschiedenen Inseln im Pazifik viele Menschen unter falschen Versprechungen angeworben oder schlicht weg verschleppt worden, um meistens auf australischen Plantagen unter erbärmlichen Bedingungen arbeiten zu müssen. Aber nun zum Sprachkurs:

Immer die Worte long und blong großzügig in Sätze einstreuen, lieber mehr als weniger.

Tkanyu tumas

Thank you very much

Ples

Please

Wota

Water

Solwota

Ocean

Diksonari

Dictionary

Nambawan

The best

Jea long haos

The chair in the house

Hamas long hem?

How much is that?

Nem blong mi …

My name is …

Ripablik Blong Vanuatu

Republic of Vanuatu

Ich mache übrigens gerade einen technischen Bislama-Kurs, allerdings nicht ganz freiwillig. Seit dem Erwerb einer vanuatischen SIM-Karte werde ich mit Werbe-SMS rund um die Uhr beglückt und bekomme extra für das Hörverständnis Anrufe von Sprachautomaten.

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