Tikal

Tikal – Der Weg ist das Ziel

Extra für diese große alte Maya-Stadt haben wir uns nach Guatemala begeben. Und damit wir das auch in voller Pracht genießen können, haben wir die spezielle Sonnenaufgangstour ausgesucht. Das heißt es ist noch nicht heiß, man ist vor der offiziellen Öffnungszeit in diesem Weltkulturerbe, es sind nur sehr wenige Personen unterwegs, der Regenwald erwacht mit dem Gebrüll von Affen und man sitzt zum Sonnenaufgang schon oben auf einer Stufenpyramide.

Dafür ist die Nacht kurz, sehr kurz, denn um 3 Uhr sitzt man bereits im Bus nach Tikal. So die Theorie. Als wir um 3:15 Uhr immer noch vor dem Hotel in Flores stehen und der Nieselregen beginnt, machen wir uns sorgen, dass wir vergessen wurden. *Ping* – kleine Glühbirne über dem Kopf geht an: Auf den Teilnahmeschein geschaut, Telefonnummer entdeckt und mit Telefon aus Deutschland mit mexikanischer SIM-Karte nicht direkt lösbar, aber vor dem Hotel noch im WiFi-Bereich, also die internationale Vorwahl von Guatemala im Internet gesucht (+502, falls ihr die gerade braucht) und per Skype beim Anbieter anrufen. Also nachts um 3:15 Uhr.

„Es klingelt.“ sagt Sören.
„Ring ring ring“.
Den klassischen Klingelton höre auch ich gut – denn das Reisebüro ist direkt gegenüber in der kleinen Gasse – in der Stille der Nacht.

Es passiert was, dann wird die Leitung unterbrochen. War es eine Person oder ein Anrufbeantworter? Gleich nochmal. „Ring ring ring“ hallt es durch die Gasse.

Der Mann am anderen Ende der Leitung spricht nur Spanisch, ist von meinen Deutsch-, Englisch- und Französisch-Kenntnissen wenig beeindruckt. Vielleicht sollte ich mein bisschen Japanisch hervorholen?

Moment mal, ehrlich, wenn mich jemand Montagmorgens um 3:15 Uhr telefonisch weckt, meine Sprache nicht spricht und mich mit miesem Akzent in irgendwelchen Sprachen nach fehlenden Bussen fragt, dann würde ich nicht so gelassen bleiben wie dieser Señor.

Sören ist mittlerweile auf die andere Straßenseite gewechselt und nach dem Telefonat geht die Tür einen Spalt auf und Sören bekommt Informationen von dem Angerufenen. Sören entschuldigt sich danach höflich und wir sind einem echten Reiseanfängerfehler aufgesessen.
Der gestrige Wechsel von Mexiko nach Belize und von dort nach Guatemala mit Bussen war anstrengend mit Wartezeiten an Grenzen, Gebühren in mehreren Währungen und Ein- sowie Ausreiseformularen. Wir haben so schlicht nicht mitbekommen, dass Guatemala eine Stunde hinter der Yucatan-Halbinsel in Mexiko ist.

Wir sind also eine Stunde zu früh. Es ist erst 2:15 Uhr! Pünktlich um 3:00 Uhr sitzen wir dann im Bus nach Tikal.


Tikal – Sind wir nicht alle ein bisschen Sheldon?

Ich mag diese Serie nicht, die anscheinend in Dauerschleife im Fernsehen läuft, die mit den Physikern in einer WG. Sören, wie heißt die? Ah ja, ich wäre denen zu ähnlich, deswegen kann ich das nach Sörens Meinung nicht witzig finden.
Nun hat bei mir die Panik-Else die Kontrolle übernommen, denn es ist Ende der Regenzeit in Guatemala, die Mücken zahlreich und vielfältig die möglichen Krankheiten: Zika, Dengue-Fieber, Chikungunya-Fieber und Malaria sind hier nun hoch im Kurs. Und wir wollen nachts durch den Regenwald laufen? Also 1A-Tropenkleidung anziehen: lange Hose, langärmlige Bluse bzw. Hemd und feste Schuhe. (Wieso werden die nur in den Farben Khaki und Schlamm angeboten?) und natürlich dick passendes Repellent aufsprühen. Aber bitte kein Autan family, dass läutet bei den tropischen Mücken erst die Happy hour ein. Es soll was Aggressives mit 50% DEET sein. Es brennt auf der Haut, man kann kein Essen anfassen, nach einigen Tagen zeigen sich die ersten Pusteln und man riecht wie abgelaufener Nagellackentferner. Ach ja, Nagellack wird davon schön klebrig zersetzt.

So stehen wir nun da in unserer kleinen Reisegruppe. Fast alle haben kurze Hosen an. Eine junge Frau steht in Tank-Top, Sandalen und Hotpants da. Ich fühle mich Sheldon.

 

Tikal – Im Dunkeln ist gut munkeln

Wer nachts durch den Guatemaltekischen Regenwald irrt, der findet auch dort neue Freunde. Eine Tarantel läuft über meinen Arm über den nackten Hals auf meinen Kopf. Ich schreie den ganzen Dschungel zusammen und mache den Brüllaffen ernsthafte Konkurrenz.

Start der Weltreise

Wahrscheinlich enttäuschen wir einige Erwartungen gemäß unseres Starts. Wir befinden uns nicht in 2500m Höhe in einem kleinen Peruanischen Ort, um uns für einen Aufstieg nach Machu Picchu zu akklimatisieren und stricken derweil wärmende Pullis aus Lama-Wolle. Das ist auch für später nicht vorgesehen. Wir haben uns tatsächlich für einen schnöden Pauschal-Start an der Playa del Carmen in Mexiko entschieden. Einfach ankommen, klimatisieren und begreifen,  dass es nun losgeht. Die Arbeit setzt für 13 Monate aus, der tägliche Ablauf ist nicht mehr da, alles ist verändert. Es gibt keine Wohnung mehr und auch kein Bett – wir sind obdachlos.

Dank der großen Hilfe von Familie und Freunden sind die meisten unserer Sachen bei ihnen eingelagert oder werden fleißig wie die KitchenAid  in der Zeit als Leihgabe genutzt. Die Wohnung wurde mit Helfern immer weiter leer geräumt und vor der Übergabe gestrichen. Wir wurden umsorgt, bekocht und betüdelt. Sogar Feiertage wie Silvester wurden mit uns bei Raclette und Feuerwerk schon vorgefeiert. Wir danken euch sehr für die Unterstützung.
Wenn ihr jetzt die heimelige Wärme zu Hause genießt, dann denkt daran, dass es meine Comic-Sammlung ist, die da für euch brennt und Fernwärme erzeugt. Erwin aus Essen hat sich leider zu spät  über Ebay Kleinanzeigen gemeldet, dass er sie gerne hätte. Aber wenn es mit Sören nicht mehr klappt, weil er z. B. Lamas in den Anden züchten möchte, dann kann ich mit Erwin in Essen eine neue Comicsammlung aufbauen. Er ist noch Single, wie er mit schrieb.

Latin-Feeling

Stopp, nicht die enge Bluse in den Altkleidersack stopfen!

Ein, nein besser gleich zwei Größen, die uns zu klein erscheinen,  wirken hier gerade recht. Wir haben uns in einem großen Telcel-Shop eine mexikanische SIM-Karte besorgt. Der Laden erinnerte mehr an eine Bank als an die Telekom, mit extra Schaltern zum Bezahlen. Die Damen hatten ausnahmslos Blusen an, die bei uns als viel zu eng bezeichnet werden würden. Aber, und das ist das Tolle, jede Brust wirkt dadurch prall und aufregend. Wann fliegt einem der erste Knopf entgegen? Oder sind die Knöpfe extra verstärkt? Also die Damen, vielleicht holt ihr die engen Blusen wieder hervor und schafft ein bisschen Latin-Feeling auf Arbeit, im Wartezimmer oder sonst wo.

Viva la Mexico!

Irgendwann galt für Legehennen der Platzbedarf von einem DIN-A4-Blatt. 12 Stunden Flug reichen für so ein Gefühl aus. Die Legehenne neben mir, aka Adam, kommt aus Mönchengladbach. Zur Entspannung können wir leider keine Eier legen. Adam legt auch sonst keine Eier, sondern zerlegt BMWs und verkauft die Einzelteile.
Ich dachte zur Entspannung alternativ zum Eierlegen an Tequila – in Deutschland verweigert sich mein Umfeld diesem leckeren Agavensaft – in Mexiko erwarte ich ein Überangebot, die Qual der Wahl und viele Fans.

Und bam – nix Tequila – ich trink‘ Kamillentee. Mensch, dafür find ich nun wirklich nirgends auf der Welt einen Fanclub.

Sören genießt schon das Meer und lernt überzeugte Trump-Wähler kennen, die die Mauer mitbezahlen wollen und hier sind um Bier zu trinken und den Frauen am Strand auf die Brüste zu starren. Soweit – so ehrlich, aber irgendwie fühle ich darin einen Widerspruch.

Ha, da setzt der Kamillentee-Rausch schon ein.

Ferien – und die Schule ist voll

Es ist Karsamstag und trotzdem sind alle Schüler, Lehrer sowie viele weitere Menschen da. Die   Begrüßung ist umwerfend.
Vor eineinhalb Jahren hat der Verein Fi Basar hier mit dem Bau eines Brunnen begonnen und nun versorgt er die Schule mit Trinkwasser. Deswegen wird die Delegation aus Deutschland von allen freudig empfangen, auch der Präfekt der Region ist da. Diesmal werden Malsachen an den Kindergarten, Stifte, Hefte und andere Materialien nach Willkommensreden in den Klassen an die Schüler verteilt. So erhalten direkt die Kinder etwas, aber vor Ort merkt man, was alles soweit weg von dem ist,  was bei uns selbstverständlich ist.

Im Kindergarten

Im Kindergarten wird auch schon Disziplin geübt

Der Brunnen, den Fi Basar ermöglicht hat

Der Brunnen, den Fi Bassar ermöglicht hat

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Schulhefte können begeistern

Beim König

L’etat – c’est moi. Die Zeiten vom Sonnenkönig Ludwig dem XIV. sind vorbei, aber in Togo gibt es noch Könige, wo auch Regierungsbeamte ehrfürchtig zu den Füssen des Königs niederknien und beste Wünsche  übermitteln. Einer dieser Könige gewährt uns eine Audienz, natürlich verbunden mit der obligatorischen Ehrerbietung, und lässt sich von den Vorhaben und Arbeiten des Vereins berichten. Es kommt auch das Müllproblem zur Sprache und wie z. B. der Nachbar Ghana damit umgeht.

Der König lässt noch einen Whiskey ausschenken, da mag keiner nein sagen, auch nicht bei den tropischen Temperaturen. Berauscht vom Alkohol und der Atmosphäre fahren wir nochmal zum Krankenhaus,  um den  Fortschritten beim Anschluss und der Einweisung der Waschmaschine beizuwohnen. Der stellvertretende Gesundheitsminister war auch schon gucken, aber da waren wir noch beim König.

Das Krankenhaus von Bassar

Über 125.000 Menschen sind in Notfällen auf dieses Krankenhaus angewiesen. Unsere westlichen Vorstellungen sind nicht mit den hiesigen Verhältnissen in Einklang zu bringen, doch hier wird nach bestem Wissen und mit viel Engagement Großes geleistet.

Die medizinischen Abfälle werden in einer unzureichenden kleinen Verbrennungsanlage auf dem Klinikgelände verbrannt, es sieht für Laien wie ein Pizzaofen aus dem eigenen Garten mit Schornstein aus. Die Ingenieure messen die Verbrennungstemperaturen und erfassen die Situation für die Vorbereitungen eines neuen Ofens. Viel Müll wird auch einfach, wie überall in Togo üblich direkt als kleiner Müllhaufen verbrannt. Der fiese Gestank von schlecht verbranntem Plastik liegt wieder in der Luft.

Die Reinigungskräfte, wo viele ehrenamtlich arbeiten, erhalten T-Shirts und es sollen Handschuhe und Schuhe für den nächsten Besuch organisiert werden.  Sie führen einen Tanz auf,wo Annette und Rali versuchen mitzumachen.

Die Waschmaschine für 17 kg Wäsche wird unter Dankesreden vom Krankenhausdirektor und anderen wichtigen Personen ausgepackt. Diese hat der Verein in Lomé gekauft. Sie kommt in ein kleines etwa 4m² großes Waschhaus. Die gesamte Wäsche des Krankenhauses hat zuvor ein Wäscher mit der Hand in diesem Raum gewaschen und dann draußen auf die Leinen zum Trocknengehängt. Kittel,Laken und selbst Tamponage wusch er täglich im großen Waschbecken.

Heute ist auch Impftag für Säuglinge, weswegen wir auf der Kinderstation viele Babysachen direkt an die Mütter verteilen können.

Das sind alles sehr intensive Erfahrungen.

Ab in den Norden

Morgens um fünf Uhr werden wir abgeholt, um nach Bassar in den Norden zu fahren. Die Nacht war hart, ein Unwetter hat getobt, die Hitze ist aber nicht gewichen und Sören hat hohes Fieber und Magen-Darm-Probleme bekommen. Mit kalten Umschlägen und Medikamenten wird er annähernd reisestabilisiert, Rali und Pauline , beide Krankenschwestern, begutachten ihn und fahren auch nach Bassar. Die Reise dauert den ganzen Tag, die Straßen sind in den letzten Jahren gut ausgebaut worden, teilweise wird noch massiv gebaut und mancherorts geht es über rote Schotterpisten. Wir fahren an vielen großen Termitenhügeln vorbei.

Die Straße bei Pauline

Die Straße bei Pauline

Die Straße bei Pauline nach dem Regen

Die Straße bei Pauline nach dem Regen

InBassar besuchen wir zuerst den Präfekten, der über die Vereinsarbeit informiert wird und auch an dem Besuch der Schule und dem Krankenhaus teilnehmen und jeweils eine Rede halten wird. Diese Reden werden hier in Französisch, Ewe oder Bassar gehalten.

Einem Herrenhaus gleich ist unsere Unterkunft, die gerade noch in Teilen restauriert wird. Es ist schön, eine Klimaanlage zu haben, so kann Sören bei kühlen 25°C. besser genesen und eine erholsame Nachtruhe wird möglich. Das Gebäude umgibt ein großes Atrium, un das ein Säulengang führt, von dem die Räume abgehen. Diese offene Bauweise ist bei unserem kalten Schmuddelwetter leider undenkbar.

Durch den Garten laufen Hühner mit Küken und es krächzen Perlhühner, die wie ungeölte rostige Scharniere klingen. Der Hahn wird uns die nächsten Tage frühzeitig wecken.

Voodoo

Unsere Unterkunft ist bei Pauline, doch zum Frühstücken begeben wir uns in wenigen Minuten zu Fuß zur Maman. Mit dem Auto ist es aber aufgrund der stark erodierten Sandwege je nach Fahrer ein anderer Weg. Unterwegs kommen wir an einer Wasserstelle vorbei, wo die Menschen mit großen Schüsseln anstehen. Hühner laufen überall herum, Kinder spielen auf den Wegen, kleine Verkaufsstände sind aufgebaut, es gibt z. B. kleine Mengen Holzkohle oder Dung-Kugeln zum Feuerbereiten zu kaufen.  Müll wird dort verbrannt, wo er anfällt.

Mit lecker Mangobaum in XL

Nach dem klassichen Omlett mit Tomatenzwiebelsalat und fritierten Bananen zum Frühstück mit Jürgen und Ute begeben wir uns zu Ralis Onkel,dem Hafenmeister. Dort waren wir bereits am Tag zuvor. Er wohnt mit Familie und Angestellten in einem sehr großen Anwesen, wo ständig Menschen ein und ausgehen. Im Wohnzimmer läuft ständig der goße Flatscreen, so erfahren auch wir von den Anschlägen in Brüssel. Im Garten stehen heute zwei Ziegen, die erste wird vom Hafenmeister geschlachtet und das Blut sickert in seinen Garten. Das Fleisch wird an Bedürftige in einer Moschee verteilt.

Wir Deutschen möchten auf den Voodoo-Markt, den größten in Afrika. Rali begleitt uns netterweise, obwohl sie davor großen Repekt hat. Tatsächlich zahlen Ausländer Eintritt, aber ein Führer zeigt uns alles und erklärt wofür Dinge genutzt werden.Zudem gehen wir in zwei Gruppen zu jeweils einem alternativen Mediziner, nein kein Heilpraktiker, sondern ein Voodoo-Doktor.In einer lehmigen Abseite drängen wiruns wie Hühner auf einen kleine BAnk, lassen uns Sachen erklären und Annette erwirbt einige Fetische für einen schwer kranken Freund, die speziell gesegnet werden. Danach überreicht er uns seine Visitenkarte und wir stoßen wieder in die reale Welt, wo es mittlerweile dunkel geworden ist.

Deutsche Botschaft

Nach einer kurzen ersten Nacht haben wir mit Vertretern des Vereins Fi Bassar aus Deutschland und Togo und zwei Ingenieuren von Technikern ohne Grenzen einen Termin mit dem deutschen Botschafter. Aufgrund der Hitze wird das Protokoll vereinfacht und es besteht keine Jackett-Pflicht, da die Klimaanlage der Botschaft überfordert ist. Der Verein stellt seine geplanten Unterstützungsleistungen in Bassar vor, wie der Bau einer Verbrennungsanlage für das dortige  Krankenhaus und die Unterstützung von Schule sowie Berufsschule.